Tanzvita

1970 wurde ich in München geboren und 1973 steckte mich meine Mutter ins Kinderballett. Dort war ich bis 1982. Aber ich gehörte nie zu den Lieblingen der Ballettlehrerin, da ich nicht so ein Hungerhaken war wie andere und auch keinen Spagat konnte.

1982 bis 1984 versuchte ich mich dann im Jazz-Dance. Doch ich hatte dieselbe Tanzlehrerin. Da wurde es auch nix mit meinem Traum vom Tanzen, den ich von klein auf hatte.

1985 kam dann meine Clique und fragte, ob ich nicht mit in die Tanzschule kommen wollte. Klammerblues. Das fand ich ziemlich spießig. Doch ich habe mich nicht getraut, einfach „nein“ zu sagen, und dass das nichts für mich ist und sagte einfach: „Da muss ich erst meine Mutter fragen.“. Das war der Fehler. Denn meine Mutter sagte darauf nur: „Vielleicht lernst Du dort endlich ein Benehmen.“, und meine Anmeldung erfolgte prompt. So musste ich in einen Tanzkurs gehen, in den ich gar nicht wollte.

Interessanter Weise hatte ich dort viel mehr Spaß am Tanzen, als dass ich es mir hätte vorstellen können und von unserer gesamten Clique war ich die einzige, die weiter machte. So erwarb ich bis 1987 auch das Tanzabzeichen in Bronze, Silber, Gold und Gold-Star.

Während dieser Zeit fragte man mich auch, ob ich nicht Lust hätte, in der Tanzschulformation mitzumachen. Klar hatte ich Lust dazu. Das war eine große Ehre, denn hierzu wurden nur die Besten eingeladen. Es gab kein Wochenende, an dem ich nicht in der Tanzschule zu den Übungspartys gegangen bin. Und da ich mich nie von der Tanzfläche hab lösen können, hatte ich meinen Vertrauten Gerhard, der ein sehr väterlicher Typ gewesen ist, der mich immer schnell von der Tanzfläche holte, als meine Mutter anrief, dass ich die letzte S-Bahn nicht verpassen sollte.

In dieser Zeit hätte ich mir nichts Schöneres vorstellen können, als meine Leidenschaft zum Tanz auch zum Beruf zu machen und Tanzlehrerin zu werden. Doch meine Mutter bestand darauf, dass ich einen anständigen Beruf erlerne.

Von der Tanzschule schickte man mich mit meinem Tanzpartner zusammen in den Tanzsportclub zur Vorbereitung auf den Turniertanz und zu meiner großen Überraschung jubelten die Trainer hinter unserem Rücken: „Juhu, endlich wieder mal ein Nachwuchspaar!“, was man uns im Geheimen zugetragen hat. Allerdings hielt die Freude daran nicht lange an, denn man schickte mich neben der Sonnenbank auch ab ins Fitnessstudio. Ausgleichssport wurde noch gefragt. Und bei einer Aufwärm-Aerobic-Stunde krachte mein Knie und der Meniskus war kaputt. Von da ging es ins Krankenhaus und man operierte mir nicht nur den Meniskus, man verkürzte mir auch gleich die Bänder, schliff die Kniescheibe noch ab, denn mein Knie ist dauernd aus seiner Verankerung gesprungen.

Ich versuchte es immer wieder und wieder mit dem Tanztraining, doch es folgte lediglich eine zweite Knieoperation. Die Schmerzen wollten nicht schwinden und ein adäquater Tanzpartner war auch nicht mehr zu finden.
So schlief meine Leidenschaft zum Tanzen gezwungener maßen ein und ein paar Jahre später widmete ich mich dem Reitsport. Doch zum Tanzen ließ ich keine Gelegenheit aus.

1998 lernte ich durch Zufall jemanden kennen, mit dem ich mal zum Tanzen ging. Wir entschieden uns, unser Tanzen wieder aufzufrischen, denn wir waren beide ganz überrascht, wie gut jeweils der andre tanzen konnte. So ging es wieder in die Tanzschule, von dort in einen Verein und ich trat zusätzlich von 2000 bis 2002 einer Lateinformation eines Tanzsportclubs bei, bis sich unsre Wege wieder trennten und ich meinen Shop für Tanzsportbedarf „Der Tanzbär“ www.der-tanzbaer.net eröffnete.

Ich blieb allein in dem Verein und es erbarmte sich manch Tänzer, zum Unterricht zu kommen und mit mir zu tanzen, wenn seine Frau erkrankte. Ich war drüber natürlich sehr dankbar und blieb hartnäckig im Tanztraining dabei, bis der nächste Tanzpartner meinen Weg kreuzte.

Doch meine Zeit des Tanzes sollt noch kommen und wir gewannen jedes Turnier. 2005 wurden wir Bayerische Meister der HGR II D Standard und stiegen in die nächst höhere Klasse auf. Am selben Tag wurden wir auch Bayerische Meister HGR II C Standard und stiegen auf Beschluss des Präsidiums noch eine Klasse weiter auf. Wir trainierten und trainierten und ich brach mir bei einem Workshop dann das Fußgelenk, da ich nicht balanciert auf meinen Füßen stand und auf einer glatten Fläche ausrutschte. Den Bruch hat erst kein Arzt erkannt und es ist mir heute noch ein Rätsel, wie wir so Bayerische Vizemeister der SEN I B in den Standardtänzen werden konnten. Wir tanzten noch einige Turniere unter aller größten Schmerzen, auf denen wir weiterhin stets den zweiten Platz machten, bis ein Arzt in einem Kernspin dann endlich den Bruch entdeckte und mir blieb nichts anderes, als wieder zu pausieren, bis 2007 endlich das Training mit diversen Sparringspartnern aus den Startklassen A und S wieder beginnen konnte.

2010 wurde ich dann Mitglied des Presseteams des LTVB (Landestanzsportverband Bayern). 2012 erwarb ich das Deutsche Tanzsportabzeichen in Bronze sowie das Deutsche Tanzturnierabzeichen in Bronze des Deutschen Tanzsportverbandes im Deutschen Olympischen Sportbund.

2013 wurde ich Bayerische Meister SEN D Latein und erhielt die Bronzemedaille der bayerischen Meisterschaft SEN LAT C. 2014 erhielt ich das Deutsche Tanzsportabzeichen in Silber und mir wurde der Ehrenpreis in Silber für besondere Leistungen im Sport des Bayerischen Landessportverbandes und des Landkreises Weilheim-Schongau verliehen und die Ehrennadel für besondere sportliche Verdienste der Stadt Weilheim.
In meinem damals beheimateten Verein sprach man mich an, ob ich nicht die Trainerausbildung machen möchte. Darüber hatte ich mir zeitlebens noch nie Gedanken gemacht. Im Gegenteil. Ich habe meine Trainer stets bedauert, dass sie mir ein und die selbe Sache 100 mal erklären müssen, bis sie beim 101-ten mal dann einmal klappt und dann wieder nicht mehr, bis endlich ein Ansatz davon zu sehen ist. Ich darf sagen, meine Trainer hatten allesamt mein aller größtes Mitleid. Ich bewunderte sie für ihre Geduld. Doch man sagte mir, man könne sich vorstellen, dass ich für den Trainerjob genau die Richtige sei. So sagte ich, ich könnte es ja einmal ausprobieren und erhielt 2014 nach zwei Jahren härtester Ausbildung meine Lizenz als Trainer C Breitensport. Selbsternannte Trainer, welche die Ausbildung abgebrochen oder nicht bestanden hatten und trotzdem als Trainer tätig sind, sehen Trainer im Breitensport oft ganz mitleidig an und belächeln diese gerne. Doch als Trainer Breitensport hat man schon in der Ausbildung ein sehr viel größeres Spektrum an Tänzen und Tanzarten zu beherrschen, was in der Tänzerwelt des Hochleistungssports leider vollkommen unterschätzt wird. Doch dieses Zusatzwissen, dass man in dieser Ausbildung erlangt, lässt sich in vielen Gruppen anwenden und ausbauen und auch im eignen Training hat man ein vielfaches an Bewegungserfahrung mehr. Jedenfalls sagte ich mir: Mit dem Besitz des Trainerscheins geht meine Lehrzeit jetzt erst richtig los. So unterrichtete ich unter anderem auch in diversen Volkshochschulen um Umkreis von 100 km meines Heimatortes in unterschiedlichsten Tanzrichtungen und sammelte sehr viel Erfahrung und fand für jeden einzelnen Schritt hunderte verschiedenster Erklärungen.

2016 erhielt ich meine Lizenz zur DTSA-Abnehmerin und 2017 wurde ich Bayerische Vizemeister SEN I D Latein und stieg durch Beschluss des Präsidiums in die nächst höhere Klasse auf und wurde am selben Tag auch Bayerische Vizemeister SEN II C Latein.

2018 erhielt ich meine Lizenzen zum Instructor Seniorentanz und Instructor Tango Argentino. Außerdem gründete ich einen Tanzsportverein und bin im Bereich der Standardtänze in der S-Klasse angelangt. Im selben Jahr wurde mir die Ehrennadel in Bronze für besondere und hervorragende Verdienste um den Amateurtanzsport vom Landestanzsportverband Bayern e.V. verliehen. Im Jahr 2019 wurde ich Bayerischer Meister der SEN II C Latein und stieg auf Beschluss des Landestanzsportverbandes Bayern in die B-Klasse auf.
Ich bin schon heute sehr gespannt, was das Tanzparkett noch an weiteren Überraschungen für mich bereit hat. Denn mit 44 Jahren konnte ich dann doch meinen ursprünglichen Traumberuf der Tanztrainerin ausüben und weitere tänzerische Erfolge erzielen. Und das, obwohl die Ballettlehrerin aus Kindertagen, alles andre, als mein größter Fan war.

Seit ich unterrichte, habe ich nicht mehr das Gefühl, arbeiten zu müssen. Ich gehe jeden Tag in meine Kurse und habe unglaublich viel Spaß. Es ist jeden Tag eine lebenspendende, freudige, schweißtreibende, Muskelkater erzeugende, Stimm-zerfetzende, Kopf-klärende, erschöpfende, Seelen-erforschende und -erfrischende Freude und ein Privileg. Wenn man vor eine Tanzgruppe tritt, erschafft man etwas aus dem Nichts. Bevor man auf die Fläche geht, hat nichts existiert. Es entsteht erst etwas, wenn man mit 1, 2, 3, 4 oder quick, quick, slow beginnt. Dann erschafft man gemeinsam mit seiner Gruppe eine ganze Welt.

2019 habe ich mich aus dem aktiven Leistungssport zurückgezogen und widme mich nun ausschließlich dem Unterrichten und dem Verfassen von leicht verständlicher Fachliteratur für Jedermann in verschiedenen Tänzen.